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Angst vor der Hochzeit: Eine Expertin gibt Tipps 

Eure Hochzeit rückt näher und du bekommst es mit Zweifeln und Ängsten zu tun? Unsere Paarberatungsexpertin Judith Morgado verrät im Interview, wie man mit Angst und Unsicherheit vor der Hochzeit umgeht.

Angst vor der Hochzeit: Eine Expertin gibt Tipps
Foto: Unsplash: Shelby Deeter

 

Die Gäste sind geladen, die Zermonie ist geplant, die Ringe sind gekauft und plötzlich spielen deine Gefühle beim Gedanken an eure Hochzeit verrückt? Erst mal durchatmen: Das Phänomen der „kalten Füße“ vor der Hochzeit, einer Mischung aus Angst, Nervosität und Zweifeln, erleben viele Paare in der Zeit vor ihrem großen Tag. Studien und Umfragen beleuchten dieses Thema aus verschiedenen Perspektiven. Eine Studie der University of California, Los Angeles (UCLA) aus dem Jahr 2012, an der 464 neu verheiratete Paare teilnahmen, ergab, dass 47% der Männer und 38% der Frauen zögerten, bevor sie den Bund fürs Leben schlossen. Du bist mit diesem Gefühl also alles andere als alleine.

Natürlich ist es dennoch immer wichtig, die eigenen Gefühle ernst zu nehmen und zu reflektieren, das heißt aber nicht, dass Angst vor der Hochzeit unbedingt auf tiefgreifende Probleme in der Beziehung hinweisen muss. Oft sind sind diese Gefühle auch nur ganz natürliche Reaktionen auf eine bedeutende Lebensveränderung.

Unsere Expertin, die Systemische Einzel-, Paar und Familientherapeutin und Gründerin von Cloud#9 Paarberatung Judith Morgado, verrät wie man Nervenflattern von berechtigten Zweifeln an der Beziehung erkennt, wie man mit ihnen umgeht, und mit wem man wie darüber sprechen sollte.

Ist Angst vor der Hochzeit eher die Regel oder die Ausnahme?

Es ist völlig normal und sogar gesund, Zweifel vor einer der größten und weitreichensten Entscheidungen des Lebens zu haben. Auch wenn die Wörter „Zweifel“ oder „Angst“ ja erstmal negative Gefühle in uns wecken, ist es eigentlich gut, sich vor der Hochzeit nochmal mit bestimmten Themen auseinanderzusetzen. Denn was gibt es Schöneres, als wenn man sich – durch Zweifel angeregt – mit den Vor- und Nachteilen der Entscheidung zur Ehe befasst hat und dann mit voller Überzeugung sagen kann: „Ja, ich will –  dich, uns, diese Hochzeit“.

Sind Männer und Frauen gleichermaßen betroffen und wie gehen sie damit um?

Beide erleben diese Ängste, gehen aber unterschiedlich damit um. Bei Frauen ist es häufiger so, dass sie die Zweifel beiseiteschieben, weil sie sich schon so lange diesen großen Tag herbeigesehnt haben und die Hochzeit nicht aufs Spiel setzen wollen. Frauen sind eher im Austausch mit anderen, besprechen häufiger ihre Ängste und Zweifel mit den Freundinnen, der Mutter oder zum Beispiel auch in einer professionellen Beratung und bekommen so leichter einen objektiven Blick von Außen auf die Situation. Sie hören also auch schneller, dass kalte Füße normal sind und auch wieder vergehen, während Männer dies häufiger mit sich selbst ausmachen und dann eher zu impulsiven Handlungen neigen oder ihre Zweifel verdrängen.

 

Angst vor der Hochzeit: Eine Expertin gibt Tipps

Wie unterscheidet man Nervenflattern vor dem großen Tag von berechtigten Zweifeln and der Beziehung?

Hier macht es Sinn, auf die zeitliche als auch die körperliche Komponente zu schauen. Berechtigte Zweifel an der Beziehung begleiten einen normalerweise schon länger, kommen in verschiedenen Situationen und sind uns zum Beispiel in Form von einem unangenehmen Gefühl im Bauch bekannt. Man fühlt sich eher lethargisch, depressiv verstimmt, unsicher, verwirrt und unwohl in seinem Körper. Nervenflattern hingegen ist daran zu erkennen, dass es kurz vor der Hochzeit auftritt, uns hibbelig und nervös macht, den Blutdruck beschleunigt und sich durch zum Beispiel durch Entspannungs- und Atemübungen reduzieren lässt.

Wie geht man am besten mit Zweifeln und Ängsten vor der Hochzeit um?

Wichtig ist, sich anzuschauen, worin genau die Zweifel und Ängste bestehen: Ist man unsicher, ob es der richtige Partner ist? Oder ist es das Timing oder die Art, wie die Hochzeit gestaltet werden soll? Je nach Inhalt der Zweifel oder Ängste sollte man ehrlich zu sich selbst sein, auf sein Bauchgefühl hören und vielleicht Dinge so anpassen, dass sie sich besser für einen selbst anfühlen. Zum Beispiel: Anstatt der riesigen Familienfeier mit 250 Leuten doch eher seinem eigenen Wunsch vertrauen und in intimer Runde im Garten feiern.

Es ist für alle Beteiligten ehrlicher und besser, wenn man auf sein Bauchgefühl hört anstatt sich auf faule Kompromisse einzulassen, nur um es den anderen recht zu machen. Schließlich geht es um das eigene Lebens- und Liebesglück, für das nur wir allein verantwortlich sind.

 

Angst vor der Hochzeit: Eine Expertin gibt Tipps

Sollte man mit seinem Schatz über die kalten Füße sprechen? Wenn ja, wie?

Bevor man das Gespräch mit seinem Herzensmenschen sucht, sollte man sich erstmal gut selbst reflektieren, um die eigenen Beweggründe gut zu verstehen und das Gegenüber nicht vorschnell oder unnötig zu besorgen oder zu verunsichern. Es macht Sinn, einen Abgleich von Selbst- und Fremdeinschätzung einzuholen, also die Themen mit einem Menschen seines Vertrauens zu besprechen. Das können zum Beispiel Trauzeugen, Freunde, Eltern oder auch Paarberater sein. Sollten die Zweifel daraufhin weiter bestehen, ist es ratsam, das Gespräch mit dem Partner zu suchen, um sich über das jeweilige Empfinden auszutauschen, sich gegenseitig beruhigen und gegebenfalls gemeinsame Lösungen finden zu können.

Gibt es eine Geschichte über Angst vor der Hochzeit aus ihrem Arbeitsalltag, die Sie mit uns teilen würden?

Es gab mal dieses Paar, dass ich in einem meiner Ehevorbereitungskurse kennengelernt habe. In diesen Kursen helfe ich Paaren, sich mit wichtigen Themen schon vor der Hochzeit auseinanderzusetzen, um die Beziehung von Anfang an auf ein stabiles, gesundes Fundament zu bauen. An einem Abend ging es um die Visualisierung ihrer gemeinsamen Zukunft und über das Warum ihrer Hochzeit. Die zukünftige Braut rief mich am nächsten Tag an und wollte die Hochzeit absagen, da sie auf einmal kalte Füße bekommen hatte. Sie hatte ihrem Partner bisher nicht erzählt, dass sie laut Arzt wahrscheinlich niemals Kinder bekommen könnte – zu groß war ihre Angst, dass er sie dann nicht mehr heiraten wollen würde.

In einer Einzelberatung ermutigte ich sie, das ehrliche Gespräch mit ihm zu suchen, ihn nicht unter falschen Voraussetzungen in diese Ehe locken – was sie auch machte. Anstatt die Hochzeit ins Wasser fallen zu lassen, ließ ihre Ehrlichkeit die Liebe noch stärker werden: Ihr Verlobter versicherte ihr, dass er sie fruchtbar oder unfruchtbar lieben würde und dies nichts an seiner Entscheidung für Sie ändern würde. Ein Jahr später heirateten beide mit bereits leicht erkennbarem Babybauch.

Nicht nur beim Gedanken an die Hochzeit bekommt ihr Schweißperlen auf der Stirn, sondern auch beim Schreiben eurer Rede? Wir haben hier den ultimativen Leitfaden für eine gelungene Hochzeitsrede!

 

Angst vor der Hochzeit: Eine Expertin gibt Tipps

Welche Tipps können helfen, wenn es sich nur um klassisches Lampenfieber handelt?

Wenn es sich bei dem Gefühlchaos, mit dem ihr kurz vor eurer Hochzeit zu kämpfen habt eher um Lampenfieber handelt, könnt ihr mit ein paar einfachen Tipps die Aufregung in den Griff bekommen und euren besonderen Tag in vollen Zügen genießen. Unsere Expertin verrät euch sieben tolle Tipps um Ängste und Nervosität vor eurem großen Tag in den Griff zu bekommen.

1. Know your why

Mach dir bewusst, warum du diese Hochzeit, diesen Partner möchtest. Was hat euch dazu bewogen, euch zu verloben? Wenn du dir diese Punkte immer wieder in Erinnerung rufst, wirst du schnell merken, dass es alle Aufregung, die Anstrengungen und den Hochzeitsstress absolut wert sind. Ausserdem hilft es, den Fokus wieder auf das Wichtigste einer Hochzeit zu legen: eure Liebe.

2. Nutzt das Resilienz-ABC

Schreibe alle Buchstaben des Alphabets untereinander und überlege dir zu jedem Buchstaben ein bis zwei Dinge, die dir gut tun. Also zum Beispiel „A“ wie Atemübungen, „B“ wie Badewanne oder Blumen kaufen, „F“ wie Freundin treffen und so weiter. Wann immer du das Gefühl hast, dass es stressig wird, kannst du dir die Liste anschauen und dir überlegen, was davon dir grad guttun würde.

3. Fokussiert euch auf die wichtigen Dinge

Stell dir vor, die Hochzeitslocation ist wunderschön, aber die Stimmung einfach nur mies, weil das Hochzeitspaar total angespannt ist und die Braut sich in eine Bridezilla verwandelt hat, die alles kontrollieren muss. Am Ende werden sich eure Gäste an die Atmosphäre erinnern, die ihr geschaffen habt, nicht an die winzigen Details auf der Hochzeitstorte oder im Brautstrauß. Also: Konzentriert euch auf die wichtigsten Dinge, die am allermeisten zählen! Diese 55 Planungstipps für eure Hochzeit können euch übrigens dabei helfen!

4. Schafft regelmäßige Paar-Oasen

In all der Aufregung, der Termine und Entscheidungen rund um eure Hochzeit ist es extrem wichtig, dass ihr euch nicht aus den Augen verliert. Reserviert einmal pro Woche oder pro Monat ein schönes Date nur für euch beide, wo ihr mal nicht über die Hochzeitsvorbereitungen redet, sondern einfach Quality Time miteinander geniesst. Ein gemeinsamer Saunabesuch, ein Kochkurs oder ein entspannter Kinoabend schaffen wertvolle Ruheoasen und stärken eure Bindung.

5. Delegiert Aufgaben an eure Liebsten

Schaut euch im Bekanntenkreis um, wen ihr mit in die Vorbereitungen einplanen könnt. Vielleicht habt ihr eine begabte Sängerin im Freundeskreis, die Oma könnte beim Tischkärtchenbasteln helfen oder der Onkel mit seinem neuen Traumwagen als Chauffeur das Brautpaar fahren. Die Einbindung der anderen entspannt nicht nur euren Geldbeutel, sondern macht die ganze Feier auch persönlicher und hilft euch, einige Dinge von eurer langen To-Do-Liste abzugeben.

6. Sucht euch einen Coach

Um die Familie und Freunde nicht unnötig mit euren emotionalen Themen zu belasten, kann es sehr hilfreich sein, die wichtigen Themen mit einem Hochzeitscoach zu besprechen. Dort könnt ihr im geschützten Rahmen Themen über Partnerschaft, Liebe und auch Ängste vor der Hochzeit ansprechen, oder aber euch durch gemeinsame Entspannungs- und Fokusübungen wieder auf die wirklich wichtigen Dinge besinnen. Für den Fall, dass die Planung eurer Hochzeit euch zu viel Stress macht, lest außerdem gerne unser Interview mit einem Psychotherapeuten, der verrät, wie man Fehler und Stress bei der Hochzeitsplanung vermeidet.

7. Bleibt euch treu

Mittlerweile mutieren Hochzeiten oft zu Events der Superlative. Mein Tipp: Bleibt euch, eurem Stil und eurem Budget treu. Teuer heisst nicht gleich besser oder schöner. Verschuldet euch nicht für eure Hochzeit. Schaut, was ihr euch erlauben könnt ohne die nächsten 10 Jahre diesen einen großen Tag abzuzahlen. Damit das klappt, schaut unbedingt in unsere 15 besten Spartipps für eure Hochzeit!